Mit der Transsib von Moskau nach peking

 

 

Vorbemerkungen:

Es gibt inzwischen ein vielfältiges Angebot für Reisen auf der „Transsibirischen Eisenbahn“, das betrifft sowohl die Zeitdauer als auch die Streckenauswahl. Denn in ihrer langen Geschichte gab es nie die eine Strecke, sondern es entwickelte sich ein ganzes Netz an Variationen. Die Reiseangebote heute beginnen mit einer 2-tägigen Mitfahrt auf einem kurzen Streckenabschnitt (meist wird es das Gebiet am Baikalsee sein) in Verbindung mit einer anderen Russlandreise und enden mit der kompletten Strecke, für die 16 – 18 Tage anzusetzen sind.

Üblicherweise verbindet man mit dem Begriff Transsibirische Eisenbahn die Verbindung von Moskau bis nach Wladiwostok. Die nur unter gewaltigen Anstrengungen erschaffene Strecke sollte in erster Linie dazu dienen, Rohstoffe zu gewinnen und die Möglichkeit eröffnen, einen ganzjährig eisfreien Hafen an einem Meer nutzen zu können. Der erste Spatenstich fand 1891 statt, wobei zeitgleich verschiedene Abschnitte in Angriff genommen wurden. Hauptproblem war die Überquerung der großen Ströme. Zeitweise waren 90.000 bis 100.000 Arbeiter beschäftigt. 1916 gilt als offizielles Eröffnungsdatum der Transsib, aber erst nach dem zweiten Weltkrieg war die gesamte Strecke zweispurig ausgebaut und ab 2002 vollständig elektrifiziert.

Das Endziel liegt auf dem südöstlichsten Zipfel des früheren Sowjet-Reiches und der Weg dorthin muss(te) ein großen Bogen um chinesisches Gebiet machen, so dass die längste Variante sagenhafte 9288 km ausmacht(e) und damit zu längsten Eisenbahnstrecke der Welt wurde. Auf dieser Route werden 89 Städte passiert und 16 große Flüsse überquert.
Schon im Jahr 1903 konnte man allerdings mit der Regierung Chinas eine Vereinbarung treffen, die eine Abkürzung über chinesisches Gebiet ermöglichte.

Auch heute ist die Eisenbahn noch das wichtigste Verkehrsmittel in den unendlichen Weiten Sibiriens und es herrscht nach wie vor ein häufiger Regelverkehr. Eine Fahrt auf der Gesamtstrecke dauert etwa 160 - 180 Stunden und führt durch 7 Zeitzonen.  Natürlich kann man auch als Tourist auf eigene Faust diese Möglichkeit nutzen und man wird auf diese Weise sicher einen unvergleichlich größeren Einblick in Land und Leute gewinnen als bei Pauschalreisen.

Wer es aber einfacher und gemütlicher haben will, wird eines der vielfältigen Komplettangebote annehmen. Diese berücksichtigen natürlich in erster Linie auch touristische Interessen und so führen die angebotenen Strecken nach dem Baikalsee nun meist durch die Mongolei nach Peking, was mit der ursprünglichen Idee der „Transsib“ nur bedingt zu tun hat, aber immer noch ein phantastisches Eisenbahnerlebnis auf fast 8000 km bietet.

Wer nicht gerade Eisenbahn-Enthusiast ist, könnte schnell vermuten, dass die 8000 km lange Fahrt ein vielfach mühseliges und vielleicht langweiliges „Absitzen“ beinhaltet.
Doch das Gegenteil ist der Fall. Aufgrund der vielen Zwischenstopps mit ausführlichen Besichtigungsprogrammen (s. u.) ist der Anteil der Fahrten untertags relativ gering und man wird die meisten Strecken nachts im Schlaf bewältigen.

Die Veranstalter werben für das Gesamtpaket mit Preisen ab etwa 4.200 € (pro Person!), aber das ist eher als Mogelpackung zu sehen. Es handelt sich dabei um einen Platz in einer engen 4-er-Kabine (und zwar in der untersten Kategorie), was man niemandem außer einer befreundeten Teenie-Gruppe zumuten möchte. Für eine 2-er Kabine in einem höheren Level ist ein deutlicher Aufschlag fällig. Viele der in der Ausschreibung genannten Ausflugspakete (und sie machen meist „das Salz in der Suppe“ aus) sind zudem nur gegen weitere Aufpreise zu buchen, wobei der Veranstalter eigentlich damit rechnet, dass dies auch jeder macht. Nicht zu vergessen dann noch die Visa-Gebühren für Russland und China.
Kurzum, man sollte durchaus damit rechnen, dass sich der Ausgangspreis z. B. für Alleinreisende durchaus fast verdoppeln kann. Das betrifft aber nur die unteren Klassen. In der Luxusklasse darf man den Betrag gut verdreifachen, wie gesagt pro Person.
Fairerweise aber sollte man Folgendes bedenken: Die Fahrten finden auf gecharterten Sonderzügen statt, und diese mit Sicherheit enormen Kosten müssen ja auf die nur maximal 180 Reisenden aufgeteilt werden.

Die im Folgenden beschriebene Reise fand im Juli / August 2017 statt und wurde über Bahnreisen.de gebucht, wobei Teile der Organisation dann von der Agentur Lernidee übernommen wurden, und man schließlich bei dem Veranstalter Ikarus-Reisen landete, ein Weg, der zunächst etwas verwirrend war.

 

Tag 1

Flug von München nach Moskau. Nach aufgrund des hohen Andrangs langwieriger Passkontrolle dann zur Gepäckausgabe. Schnell ist das Band mit den Koffern aus München gefunden, doch der eigene Koffer taucht bis zum Schluss nicht auf. Ratlos in der Halle herumgehend stellt sich heraus, dass es noch einen weiteren Flug aus München gibt (ja, auf die Flugnummer sollte man halt schauen). Dies Band ist nun das richtige, aber inzwischen auch bereits leer. Das fängt ja gut an. Später wird eine Reiseleiterin berichten, dass verlorene Koffer in Moskau nichts Ungewöhnliches sind, ganze Lagerhallen füllen und nur gegen Bakschisch herausgerückt werden. Aber so weit ist es jetzt noch nicht. Nochmals ein weit schweifender Blick in die riesige Halle, doch was ist das? Ein kleiner, aber leuchtend gelber Aufkleber fällt ins Auge auf einem schwarzen Koffer, der weitab aller Transportbänder irgendwo sinnlos herumsteht. Und tatsächlich, es ist der gesuchte, nochmals Glück gehabt.

Nachdem die gesamte Reisegruppe zu unterschiedlichen Zeiten aus den verschiedensten Abflughäfen anreist, formiert sich zunächst nur ein kleines Grüppchen vor dem Flughafen Domodedovo, etwa 30 km außerhalb der Hauptstadt. Ein Sprinter bringt uns zum Hotel Interkontinental im Zentrum. Auf der Fahrt lernen wir auch Olga kennen, unsere Gruppen-Reiseleiterin, die uns bis zur mongolisch- / chinesischen Grenze begleiten wird. Olga macht zuerst einen durchaus resoluten Eindruck, und ihre russische Seele musste erst Stück für Stück erobert werden. Dies gelang dann auch wunderbar, weil sie ihre Aufgabe mit viel Kompetenz, Humor und Herzblut erledigte, so dass der Abschied dann schwer fiel.

Zimmerbelegung und erste Informationen, unter anderem die Erkenntnis, dass ich jetzt fortan zur „blauen Gruppe“ gehöre. Nach dem für ein gehobenes Hotel eher überschaubaren Abendessen geht es zum Nachtprogramm. Leider haben sich etliche Flieger mit anderen Gästen so verspätet, dass wir wieder nur in Kleingruppe aufbrechen. Nicht weit ist es bis zum Roten Platz (eigentlich Großer Platz), dessen Farbe bei inzwischen angebrochener Dunkelheit aber  nicht überprüft werden kann. Bedauerlicherweise ist bei unserem Besuch ein weiter Bereich des Platzes durch eine Großveranstaltung belegt, bei der es in einem Riesenzelt um eine Boxveranstaltung geht. So ist unser erster Eindruck vom Zentrum von Moskau nicht besonders eindrucksvoll. Entschädigt wird man aber dann durch das Lichtermeer, das von jedem Gebäude der Stadt uns entgegenstrahlt und den Eindruck eines ganzjährigen Weihnachtsfestes vermittelt.

Eines der Highlights jedes Moskaubesuchs ist die Besichtigung der oft außergewöhnlich prachtvollen U-Bahn-Stationen. Leider bekommen wir von den etwa 200 nur zwei Beispiele zu sehen. Wieder an der Oberfläche ist rege Betriebsamkeit zu verzeichnen, Polizeikräfte treten auf und Straßen werden gesperrt. In dem folgenden Stau hat der Bus, der uns wieder abholen soll, keine Möglichkeit, zu uns durchzudringen. In der Wartezeit werden wir mit einem prächtigen Feuerwerk mitten über der Stadt versöhnt.

                    

Tag 2

Inzwischen haben alle Reiseteilnehmer, manche erst im Laufe der Nacht, das Hotel erreicht. Vormittags steht der Besuch des Kremls auf dem Programm. Wahre Heerscharen von Besuchern warten vor den Sicherheitskontrollen. Besonders eindrucksvoll hier natürlich der Kirchenbezirk (leider Photographie-Verbot in den Kirchen). Über den Hinterausgang erreicht man den Roten Platz und ist gleich vom wundervollen Turmensemble der Basilius-Kathedrale beeindruckt. Auf dem Platz sind umfangreiche Abbaumaßnahmen der provisorischen Veranstaltungshalle im Gang, so dass man ihn immer noch nicht auf sich wirken lassen kann. Ein paar Schritte sind es zum berühmten Kaufhaus Gum, wobei die Bezeichnung maßlos untertrieben ist, denn es handelt sich weniger um ein Kaufhaus im normalen Sinne, sondern um einen Gebäudekomplex, der ein ganzes Straßenviertel einnimmt. Eine Veranstaltung jagt die nächste, gestern der Boxwettkampf, heute der Start einer Oldtimer-Rallye. Eine der Zufahrtsstraßen zum Platz ist gesperrt und hier warten sicher 100 Oldtimer fast ausschließlich osteuropäischer Produktion in Reih und Glied auf das Startzeichen.

Etwas außerhalb des Zentrums liegt die eindrucksvolle Christi-Erlöser-Kirche (innen ebenfalls Foto-Verbot). Weiter geht es zu einer Spatzenberg genannten Anhöhe (früher eine Kirschplantage), von der man einen schönen Rundblick genießt, z. B. auf das moderne Zentrum im Hintergrund oder das WM-Stadion zu Füßen. Apropos WM. Die Fußballweltmeisterschaft 2018 beeinflusst auch das Stadtbild 2017, viele Straßen sind aufgerissen oder im Umbau und auch sonst herrscht rege Bautätigkeit.

                             

Der anschließende Besuch einer Fußgängerzone ist nicht gerade lohnend und dient wohl in erster Linie dazu, die Zeit bis zur Abfahrt unseres Zuges zu überbrücken.

Dann ist es endlich soweit. Der Bus bringt uns zum Kasaner Bahnhof. In der prachtvollen 1-Klasse-Wartehalle werden wir mit Sekt begrüßt und mit weiteren Informationen versehen.

Unser Sonderzug mit über 20 Waggons (darunter 15 Schlafwägen) ist so lang, dass ein großer Teil außerhalb der Bahnhofhalle stehen muss. Dort begrüßt uns eine Band, die mit flotter Musik einen stilvollen Rahmen für die Abreise bietet.

Nun aber in den Zug. Eine halbe Doppelkabine habe ich gebucht, bin gespannt, mit wem ich zusammen komme. Zu meiner Überraschung bleibe ich jedoch allein, ob das von vorne herein so gedacht war, man weiß es nicht. Die Vorfreude hält jedoch nicht unbedingt lang, wenn man sich die Kabinenausmaße näher ansieht. Zwar sind nur zwei der möglichen vier Betten vorhanden, was einem eine immerhin großzügige Kopffreiheit gibt. Doch wohin mit dem Gepäck? Hinter einem Vorhang über der Tür öffnet sich ein Fach, das sich oberhalb des Ganges vor der Kabine befindet. Doch auch hier ist nicht viel Platz. So bleiben die zwei Gepäckstücke vorerst mal auf dem unbenutzten zweiten Bett. Kurzum, man muss sich schon gut verstehen, selbst wenn man nur zu zweit unterwegs ist. Das Durcheinander in einer Vierer-Kabine mag man sich da gar nicht vorstellen (hier ist ggf. auch mit einer geschlechtergemischten Belegung (!) zu rechnen).

Der Zug setzt sich in Bewegung und vor uns warten 8000 sicher spannende Kilometer.
Fairerweise muss man zugeben, dass die ersten 2000 km zumindest in landschaftlicher Hinsicht wenig abwechslungsreich sind, man durchquert fast ausschließlich flaches, meist Natur belassenes Land, auf das man aber wenig Sicht hat, weil die Bahnstrecke beidseitig mit Baumreihen abgegrenzt ist.

Der Tagesplan ruft uns zum Abendessen. Unsere Blaue Gruppe umfasst 24 Reisende und belegt damit genau die Hälfte des etwas schwülstig ausgestatteten Speisewagens (es gibt mehrere im Zug).

Apropos Tagesplan: In jedem Waggon hängen zwei Pläne, einer für den aktuellen Tag und einer für den folgenden.
Alles klar und unmissverständlich. Möchte man meinen.
Der Plan für den nächsten Tag weist darauf hin, dass dann, also morgen, nach dem Abendessen die Uhr wegen des Zeitzonenwechsels zwei Stunden vorgestellt werden muss.
Man kann nur schätzen, wie viele Reisende aber bereits schon am nächsten Morgen um 5 Uhr in der Früh vor dem Speisewagen warten, und nicht verstehen, warum es noch kein Frühstück gibt, in der irrigen Annahme, es sei schon 7 Uhr.

Das Abendessen jeden Tag dient nicht nur der persönlichen Stärkung, sondern ermöglicht es dem Bordpersonal auch, die Betten für die Nachtruhe herzurichten.
Tja, mit der Ruhe ist das so eine Sache. Der robust gebaute russische Waggon lässt einen die harte Arbeit zwischen den Rädern und dem Gleis hautnah miterleben und schwankend und rumpelnd genießt man die nicht geschweißten Schienen und jede Weichenüberfahrt.
Wobei sich in meinem Fall der Effekt bald umdrehte, immer wenn der Zug in der Folgezeit still stand, wurde ich wach.

 

Tag 3

Die erste Nacht war jedoch geprägt von vielen Haltepunkten und sehr unruhig, so dass sogar die Wasserflaschen im Abteil umfielen.
Musikalisch geweckt werden wir mit Tschaikowski. Das „Frischmachen“ erfolgt genau nach Zeitplan, in den sich jeder am Tag vorher eintragen muss (und das hat immer mustergültig geklappt). In den Kategorien 1 & 2 ist der Komfort der Sanitäranlagen zugegebenermaßen schon sehr einfach. Es gibt pro Waggon eine Dusche und eine Toilette, die aber sehr eingeschränkt zu benutzen ist. Bei jedem Stillstand des Zuges wird sie gesperrt und es wird dafür ein Campingklo zur Verfügung gestellt. Grundsätzlich darf das Klopapier nur in den dafür vorgesehen Eimer geworfen werden, angeblich wegen Verstopfungsgefahr, aber das ist Quatsch, weil das 50 cm lange Abflussrohr mit 10 cm Durchmesser völlig gerade „in die Freiheit führt“.

793 km sind es von Moskau bis Kasan, das wir am Vormittag erreichen. Es ist die Hauptstadt der Tartaren und die Bevölkerung aus Christen und Muslimen scheint keine Vorbehalte gegeneinander zu haben. Die Stadt bietet eine harmonisch kleinstädtische Bebauung.
Zuerst besuchen wir die interessante Peter und Paul Kathedrale, dann geht es zum Kreml. Ja, auch dieser Ort besitzt einen solchen, denn das ist keine reine Moskauer Besonderheit, sondern nur der Begriff für eine befestigte Anlage. Der Kreml in Kasan (Weltkulturerbe) wirkt jedoch wesentlich älter und zeigt sich in weißen Mauern. Der Zugang ist diesmal kostenlos. Das auffälligste Gebäude in dem Komplex ist die 2005 eröffnete Kul-Scharif-Moschee. Augenscheinlich hat man beim Bau recht geschlampt, denn es zeigt sich jetzt schon erheblicher Renovierungsbedarf. Etwas weiter die Mariä-Verkündigungs-Kathedrale, dahinter eine Plattform mit schöner Aussicht. Beim Weg zum Ausgang fällt ein steiler Turm ins Auge, der Sage nach soll ein Zar, um ein Mädchen für sich zu gewinnen, versprochen haben, die 7 Stockwerke in nur 7 Tagen zu erstellen. Was ihm dann wohl auch gelang, aber das Mädchen nicht gefügig machte und diese sich vom Turm stürzte.

Auch Kasan, im Übrigen einer der Austragungsorte für die WM in Russland, besitzt eine kleine Fußgängerzone, doch auch diese ist überschaubar. Den eigentlichen Höhepunkt der Stadtbesichtigung bietet aber der Besuch der örtlichen Musikhochschule, und wir dürfen an einem Konzert angehender Künstler teilnehmen.

               

 

Tag 4

Im Morgengrauen passieren wir einen längeren Tunnel, vermutlich den einzigen auf dem russischen Teil der Strecke. Er zeigt uns an, dass wir den Ural, also das Grenzgebirge zwischen Europa und Asien, gerade durchqueren. Auf der anderen Seite geht es eine Zeit lang an einem großen See entlang und dann erreichen wir Jekaterinburg.

Die Stadt, 1721 von Peter I. gegründet, hat heute 1,35 Mio. Einwohner und ist damit die viertgrößte in Sibirien, also dem Teil Russlands, in dem wir uns nun befinden.
Die Stadt ist die Heimat von Tschaikowski. Lange Zeit war der Ort für Touristen gesperrt, weil hier die Rüstungsindustrie eine wichtige Rolle spielte.

Seit einiger Zeit gibt es auch eine U-Bahn hier. Diese ist zuerst mal nur 3 km lang, hat aber eine kuriose Entstehungsgeschichte: Bei den Grabungen hat man so viele Bodenschätze im Aushub gefunden, dass man mit dem Erlös den Bau finanzieren konnte.

Die Bebauung der Stadt versprüht den üblichen „sozialistischen Charme“, nur wenige Gebäude verdienen eine nähere Betrachtung, wie z. B. das Sewastjanow Haus.

Zunächst aber machen wir mit dem Bus eine etwa 40 km lange Fahrt wieder westwärts, also zurück. Den Ural hat man – wohl auch aus Mangel an Alternativen – zur Grenze zwischen den beiden Kontinenten erkoren. Er bildet nicht nur eine Wasser-, sondern auch eine Klima- und sogar eine Botanikscheide. Man darf sich hier allerdings keine auftürmenden Bergmassen vorstellen, sondern wir befinden uns in diesem Bereich in einem eher schwach ausgeprägten Mittelgebirge. Unser Ziel ist daher nicht die Landschaft, sondern das Ural-Denkmal, wo durch einen Obelisken und eine im Betonboden dargestellte Trennlinie der Kontinenten-Wechsel symbolisiert wird.

Das allein ist aber für Touristen wohl ein bisschen zu wenig Attraktion, deshalb ist für uns eine Musikkapelle angereist, die russische Weise zum Besten gibt und ein Gläschen Sekt vervollständigt die „Feier“.

Zurück nach Jekaterinburg. Die Stadt ist untrennbar verbunden mit einem bedeutsamen historischen Ereignis, nämlich der Ermordung der letzten Zarenfamilie. Zum Ende des Zarenreiches wurde die Familie um Nikolaus II. in einem Ipatjew genannten Gebäude unter Hausarrest gestellt. Irgendwann in der Nacht vom 17. zum 18. Juli 1918 wurde die Familie unter einem Vorwand in den Keller gelockt und dann wurden alle Mitglieder, auch die Kinder erschossen.
Bis 1977 blieb das Gebäude stehen, doch dann hatte man wohl Angst, dass hier eine unerwünschte Gedenkstätte entstehen könnte. Es wurde abgerissen und auf dem Gelände wurde die Kirche auf dem Blute errichtet.

                   

Es geht zurück zum Zug, allerdings nicht, ohne vorher noch dem alten Bahnhof einen Besuch abzustatten. Er bietet nicht nur ein wieder sehr schönes historisches Gebäude, sondern vor allem auch auf dem Vorplatz eine köstliche Ansammlung von Bronzefiguren, die Szenen aus dem Eisenbahnalltag darstellen.

 

Tag 5

In der Früh überqueren wir den Irtys und erreichen Omsk, die zweitgrößte Stadt Sibiriens, allerdings ist hier kein Aufenthalt eingeplant. Weiter geht es durch eine inzwischen etwas offenere Landschaft, die Felder reichen bis zum Horizont, dazwischen immer wieder kleine Stationen ohne Namen, sondern nur mit dem Kilometer-Stand seit Moskau. Auffällig auch die vielen aufgelassenen Industrie-Komplexe. In Barabinsk gibt es einen der zahlreichen Lokwechsel, denn jede Lok verkehrt nur in einem bestimmten Gebiet. Für die weitere Abwechslung an Bord sorgt eine Teezeremonie.

Nach 3198 km erreichen wir Novosibirsk. Das schöne Bahnhofsgebäude soll angeblich die Form einer übergroßen Lok haben, aber da ist wohl reichlich Fantasie gefragt. Empfangen werden wir nicht nur auf traditionelle Art und Weise mit Brot und Salz, sondern auch mit einer Musikkapelle und Tanzgruppe, die uns musikalisch auf die Stadtbesichtigung einstimmt. Apropos Besichtigung: in jeder Stadt wird uns eine örtliche Reiseleitung zugewiesen, allerdings mit sehr unterschiedlichem „Erfolg“. Leider gab es hier aus nachträglicher Sicht sehr große Qualitätsunterschiede und manches permanente Zu-Texten zerrte arg an den Nerven der Zuhörer. Hier in Novosibirsk treffen wir aber auf eine sehr nette ältere Dame, die ihre Sache gut macht, so dass es ihre Sorge, sie hoffe, dass der Besuch ihrer Stadt nicht den schlechtesten Eindruck hinterlassen hat, nicht gebraucht hätte.
Allerdings sind die Sehenswürdigkeiten in touristischer Sicht auch überschaubar und das Stadtbild ist wieder meist sozialistisch geprägt. Der erst Weg führt uns an das Ufer des mächtigen Ob. Wir bewundern die eindrucksvolle Brücke, über die unser Zug die Stadt erreicht hat und können den Gesängen einer Hochzeitsfeier, die diese schöne Kulisse nutzt, zuhören. Weiter zum Lenin-Platz, wo 6 Monumentalfiguren zu besichtigen sind. Mit dem Bus geht es dann noch am Transsib-Denkmal vorbei Richtung Bahnhof. Es folgt eine längere Wartezeit in der prächtigen Wartehalle, dann besteigen wir wieder den Zug. Eine Abfahrt ist jedoch vorerst nicht geplant, sondern es gibt das Abendessen. Da jedoch bei jedem Halt die Klimaanlage nicht funktioniert, findet dieses im inzwischen völlig überhitzten Speisewagen statt. Das hätte man besser lösen können. Da versöhnen uns die Künste eines Geigenvirtuosen an Bord nur bedingt.

                                        

 

Tag 6

Inzwischen liegen 3500 km hinter uns und der Morgen begrüßt uns mit Nebel. Die Landschaft ist nun hügeliger, also damit deutlich abwechslungsreicher und die Strecke sucht sich kurvig ihre Bahn.

Wir machen einen nicht geplanten Zwischenstopp in Krasnojarsk. Der Grund dafür ist kurios. Angeblich ist unser Zug zu schnell gefahren und würde deshalb zu früh an dem nächsten Ziel eintreffen. In diesem Zusammenhang sollte man nochmals daran erinnern, dass wir in einem Sonderzug sitzen, der sich natürlich den Gesetzen des Regelbetriebes unterwerfen muss.
Trotz der unerwarteten Unterbrechung hat man eine kleine Stadtbesichtigung organisieren können, die allerdings wenig Begeisterung erzeugt, weil es wohl kaum nennenswerte Sehenswürdigkeiten gibt. Einzig die Brücke über den Jennisei verdient Beachtung, ihre Konstruktion wurde seinerzeit bei der Brüsseler Weltausstellung mit einer Goldmedaille bedacht. Aber es gibt noch eine „Sehenswürdigkeit“ der Stadt, allerdings in anderer Hinsicht: Krasnojarsk ist Geburtsstadt von Helene Fischer, der bekannten Schlagersängerin, die hier 1984 geboren wurde.

                 

Nun kommt der bisher schönste landschaftliche Teil der Reise, langsam und kurvig kämpft sich der Zug aus der bisher nur etwa 100 m hohen flachen Landschaft durch eine schöne Berglandschaft und erreicht in Balay eine gut 400 m hoch gelegene Ebene. Wir passieren Uyar und machen einen Zwischenstopp in Ilansky.

In der Sorge, dass sich die Reiseteilnehmer nur einen Moment langweilen könnten, steht während der Weiterfahrt ein kulinarisches Highlight auf dem Tagesprogramm: Die Verköstigung mit Kaviar und Wodka und weiteren Snacks. Wobei man wohl erwartet, dass jeder dem russischen Nationalgetränk so kräftig zuspricht, dass er freiwillig bereit ist, seine Sangeskünste zu zeigen und so kommt es wie es kommen soll, am Schluss bestätigt jeder mit mehr oder weniger kräftiger Stimme „aber der Wagen, der rollt“.

Weiter durch eine wunderbare Hügel-Landschaft und die vielen Kurven verdeutlichen die Länge unseres Zuges, immer wieder kann man die eigene Lok bewundern, wenn sie in einem Viertelkreis die nächste Biegung nimmt.

 

Tag 7

Über Nacht haben wir die abwechslungsreiche Hügellandschaft verlassen und spätestens bei Mikhaylovska erreicht der Zug eine flache, intensiv landwirtschaftlich genutzte Ebene. An Tayturka vorbei geht es über Fluss Belaja, der wenig später in den Angara mündet, der den Ausfluss des Baikalsees darstellt. Wenig später nimmt auch die Besiedlung schlagartig zu und man passiert zwei größere Städte, bis wir mit Irkutsk unser heutiges Tagesziel erreichen. Hier nehmen wir vorerst Abschied von unserem Sonderzug, den wir erst in ca. 60 km Entfernung wieder nutzen werden, doch dazu mehr.

Irkutsk, sozusagen das Tor zum Baikalsee, liegt 5200 km von Moskau entfernt, d. h. dass wir nun schon weit mehr als die Hälfte geschafft haben. Die Stadt ist berühmt für ihre traditionellen Holzhäuser, von denen es aber durch verschiedene Brände nur mehr eine überschaubare Anzahl gibt. Bemerkenswert sind auch die klimatischen Bedingungen hier, bis zu 80 ° C Unterschied kann es zwischen den Sommer- und Wintertemperaturen geben. Wir besichtigen die Epiphani-Kathedrale, dann geht es zum Mittagessen, bei dem die Kellner sich besonders eifrig anstellen, sobald die Gabel länger als notwendig mehr als 30 cm vom Teller entfernt ist, werden diese schon weggeräumt, egal, was noch drauf ist.
Der Nachmittag steht zur freien Verfügung, die Stadtbesichtigung erfolgt also auf eigene Faust, und da ist es praktisch, dass es einen breiten grünen Strich auf dem Boden gibt, der einen zu den wichtigsten Besichtigungs-Punkten bringt. Die 30 Stationen sind mit ausführlichen Informationstafeln versehen, allerdings machen die immerhin noch 34 ° Ende Juli den Weg doch anstrengend. Man kommt unter anderem an Kirchen, herrschaftlichen Kaufmannhäuser und vor allem an den o. a. Holzhäusern vorbei. Bei vielen fällt auf, dass sie so tief im Boden stecken, dass sich die Fenster im Erdgeschoß fast nicht mehr nach außen öffnen lassen. Der Grund dafür ist kein Baufehler, sondern sozusagen ein Vorbote der Klimaveränderung. Früher war der Boden - wohl auch im Sommer - vom Permafrost beeinflusst, so dass man die Häuser einfach ohne Fundamentvorbereitung auf den Boden stellte, der jetzt wohl permanent nachgibt.

                        

Wir, also die blaue Gruppe, treffen uns wieder am Spätnachmittag, es geht zu einem anderen Stadtviertel, das als so eine Art Vergnügungsviertel fungiert. Es gibt Live-Musik, Restaurants, Bars und trefflich restaurierte und bemalte Holzhäuser. Dann verlassen wir die Stadt für einen abendlichen Ausflug nach Süden. Der Bus bringt uns zu einer Waldsiedlung, wo wir ein Abendessen bei einer einheimischen Familie einnehmen. Das ist allerdings eine recht lieblos Veranstaltung, das Essen ist überschaubar, es gibt nicht mal ein Bier gegen Bezahlung, das Ganze wirkt wie ein Schnellrestaurant und irgendwie hat man das Gefühl, dass die Gastgeber froh sind, dass wir schnell wieder weg sind. Einblicke in das Familienleben konnten wir so jedenfalls nicht gewinnen.

Übernachtung im Hotel in Irkutsk.

 

Tag 8

Wir verlassen Irkutsk wiederum nach Süden, und zwar mit dem Bus, denn unser Sonderzug muss einem anderen Weg folgen. Es geht nun am Angara entlang, hier führte früher auch die Eisenbahnstrecke entlang, doch der Fluss wurde vor einiger Zeit aufgestaut, so dass die Schienen heute unter Wasser liegen und eine völlig andere Trasse gebaut werden musste. Wir machen einen Zwischenstopp im Freilichtmuseum Talzy, wo etliche traditionelle Holzgebäude nebst Inneneinrichtung zu besichtigen sind, unter anderem solche, die durch den Bau des Stausees hierher gerettet wurden. Leider haben wir seit Irkutsk eine örtliche Reiseleiterin, die mit ihren schwerfälligen, ausufernden und mit tausenden "Ähs" unterbrochenen Ausführungen in der Gruppe auf wenig Aufmerksamkeit stieß.

         

An der Ausflussöffnung des Baikalsees erreichen wir an der Ostseite das Dörfchen Listwjanka. Zu unserer Überraschung hat es selbst einen deutschen Quad-Fahrer bis hierher verschlagen. Unser Zug erwartet uns aus den geschilderten Gründen nun auf der Westseite des Sees, also müssen wir ein Schiff besteigen. Die Überfahrt würde vielleicht eine viertel Stunde dauern, da der Zug quasi in Sichtweite auf der anderen Seite steht, aber es gibt eine Zugabe in Form einer fast einstündigen Ehrenrunde auf dem See.

                        

Mit Freude erobern wir wieder unsere Abteile und begrüßen unser Gepäck, denn das ist die ganze Zeit im Zug geblieben. An anderer Stelle hat es aber Änderungen gegeben: Statt den bisherigen E-Loks sind nun zwei Dieselloks vorgespannt und in einem Zusatzwagen donnert ein riesiger Diesel-Generator, der den Zug mit Strom versorgt. Wir befinden uns nämlich jetzt auf einem stillgelegten Teilstück in Form einer Sackgasse, das durch den Stauseebau und der damit verbundenen Streckenverlegung übrig geblieben ist. Und das ist natürlich nicht mehr elektrisiert worden.

Der Baikalsee ist der tiefste See der Erde und enthält mit 20 % die größte (flüssige) Süßwasserreserve der Welt. Die folgende Fahrt direkt am Ufer entlang bis Ulan Ude gilt als Höhepunkt der Transsib-Reise. Das "tote" Gleis, also bis wir wieder in den Regelverkehr einmünden, ist ca. 80 km lang, und auf diesem Abschnitt kann unser Sonderzug sozusagen machen, was er will. Es gibt mehrere Stopps auf freier Strecke und die dienen dazu, gegen ein kleines Entgelt ( 5 €)  auf den seitlichen Plattformen der beiden Loks mitzufahren. Das ermöglicht nun endlich mal tolle Aufnahmen ohne die störenden Fensterscheiben.

Kurz vor Einbrechen der Dunkelheit bleibt der Zug mitten auf der Strecke stehen und für Wagemutige gibt es die Gelegenheit, im See zu baden, was in Anbetracht der Jahreszeit keinen allzu großen Mut erfordert. Trotzdem gibt es für jeden Schwimmer eine Urkunde und einen Wodka (es wird nicht der einzige heute bleiben).
In der Zwischenzeit hat das fleißige Personal neben dem Zug ein mächtiges Buffet aufgebaut, Wein und Wodka gibt es ohne Limit und und die mitreißenden Weisen des Akkordeon-Spielers verleiten zum Tanz und später zu ausufernden Gruppengesängen.

Ca. um 23.00 endet die Feier, der Zug verlässt diesen wirklich wunderbaren Zwischenstopp und fährt weiter durch die Nacht. Irgendwann gibt es einen längeren Aufenthalt, vermutlich weil wir wieder auf der Regelstrecke sind, die Loks wechseln und auf ein Zeitfenster für unseren Sonderzug warten müssen.

 

Tag 9

Gegen vormittags erreichen wir Ulan Ude und uns erwartet zum ersten Mal auf der Reise ein kräftiger Regenschauer. Zuerst geht es mit dem Bus ein gutes Stück außerhalb des heutigen Zentrums in das historische Altstadtviertel. Es ist wieder geprägt von alten Holzhäusern, die nun nach und nach restauriert werden. Ansonsten hat sich infrastrukturell noch wenig getan, die Einwohner müssen ihr Wasser zum Teil noch von öffentlichen Brunnen holen. Auffälligstes Gebäude ist die Kathedrale Holy Odigitrievsky mit ihre stark ornamentierten Außenfassade. Ungewöhnlich auch, dass das Kirchenschiff horizontal geteilt ist und so in zwei Ebenen genutzt werden kann. Doch zurück zum Zentrum. Hier erwartet einen ein typisch sozialistisch geprägter Platz riesigen Ausmaßes, in dessen Mitte sich ein fast schon beängstigt großer Lenin-Kopf erhebt. Ein paar Schritte weiter eines der sechs (!) Theater der Stadt, was in Anbetracht der nur 300.000 Einwohner schon ein ungewöhnlich großzügiges Kulturangebot zeigt. Wir werden eingeladen zu einer Musikveranstaltung, in der verschiedene Solisten, Gruppen und Chöre kurze Ausschnitte aus ihrem Programm zeigen. Bemerkenswert hierbei die unterschiedlichen Musikstile. Inzwischen viele tausend Kilometer von Moskau entfernt, darf es nicht verwundern, wenn sich unter die russischen Melodien auch mongolische oder sogar chinesisch angehauchte mischen.
Die Vermischung der Kulturen zeigt sich auch in anderer Weise: Wir besuchen das eindrucksvolle buddhistische Zentrum Datsa Rinpoche Bagsha.
Doch damit das endet die Kurzbesichtigung und bei erneutem Regen geht es wieder zum Zug. Bald wird die Strecke einspurig und die Gegend zunehmend steppenartig. Schwarze Gewitterwolken ziehen auf, während die Fahrt entlang des Gusinoe-See weitergeht.
Um 22.15 erreichen wir die Grenze zur Mongolei. Der russische Zöllner verteilt mit finsterer Miene den Ausreisestempel und dann geht es ein Stück durch Niemandsland. An mongolischen Grenzstation erwartet uns eine ausgesprochen flotte Zöllnerin, sie nimmt die Pässe und Einreiseformulare entgegen und verschwindet. Gemäß den Anweisungen unseres Bordfunks ist das kein Grund zur Sorge und wir werden gebeten, nun endlich die Nachtruhe einzunehmen.

                  

 

Tag 10

In der Früh liegen die fertig gestempelten Pässe in unseren Abteilen. Im Frühdunst fahren wir durch eine Steppenlandschaft, eingerahmt von einer abwechslungsreichen Hügellandschaft, die zunehmend in ein Bergpanorama übergeht. Die Strecke führt bis in eine Höhe von 1130 m hinauf und in dieser abgelegenen Region setzt sogar das Telefonnetz aus. Kleine Siedlungen, Bäche, Flüsse und Viehherden sorgen für Abwechslung, die typisch mongolischen Jurten sieht man aber nur sehr vereinzelt.
Vormittags erreichen wir Ulan Baatar, die Hauptstadt des Landes. Im Zentrum leben etwa 1,5 Mio. Einwohner, wobei das Stadtbild eher uneinheitlich und nicht besonders ansprechend wirkt und von einer regen Bautätigkeit geprägt ist.
Der erste Weg führt uns zum Gandan-Kloster, einer buddhistischen Tempelanlage mit verschiedenen Gebäudeteilen. Im Haupttempel beeindruckt die über 20 m hohe Buddha-Statue.
Im Zentrum auch hier wieder ein Platz schier unendlicher Größe, ein paar kleinere historische Gebäude gehen inzwischen fast unter neben den angrenzenden Monumentalbauten. In einem davon zieht die Kolossalfigur von Dschingis Khan die Aufmerksamkeit auf sich.
Etwas außerhalb des Zentrums ein Eisenbahnmuseum, hier stehen eine Reihe von Dampf- und Dieselloks in Reih und Glied, doch die Anlage wirkt eher vernachlässigt, der Zutritt ist versperrt und man kann die Objekte nur von der viel befahrenen Straße aus begutachten.
Weiter geht es zum Palast des letzten Kaiser (+ 1922), doch auch diese Anlage wirkt etwas lieblos und die geforderten Preise für die Foto- / Filmerlaubnis (24 EUR!) sind so abstrus, wie wir es noch selten in der Welt erlebt haben.
Für die Kaufsüchtigen gilbt es dann in einem Kaschmir-Outlet Gelegenheit, sich mit entsprechender Ware einzudecken.
Auch in dieser Stadt wird wieder eine Musikveranstaltung für die gesamte Gruppe angeboten, diesmal allerdings gegen Aufpreis.
Für die Nacht kann man - ebenfalls gegen Aufpreis - die Übernachtung in einer Jurte auf dem Lande wählen, die überwiegende Zahl der Reiseteilnehmer bleibt jedoch im gemütlichen Hotel.

                          

 

Tag 11

Ein etwa 60 km langer Ausflug führt uns mit dem Bus in die Bergwelt außerhalb von Ulan Baatar, bekannt unter dem Begriff "Mongolische Schweiz". Es ist eine wirkliche hübsche Gegend mit interessanten Bergformationen, doch für die Verbindung zum Original ist wieder etwas Phantasie gefragt.
Aber auch dies ist wieder ein kostenpflichtiges Zusatzpaket, wobei es keinen gibt, der es nicht gebucht hätte.
Hier in einem Camp haben unsere "Outdoorfreaks" ihre Nacht in den Jurten verbracht. Wobei diese Touristenzelte außer ihrer Form inzwischen nicht mehr allzu viel mit den Originalen zu tun haben, der Nutzer möchte es wohl so gemütlich wie in einem Hotel haben, und da fehlt nur noch die Klimaanlage.
Zum Mittagessen gibt es das traditionelle Gericht "Lamm im Milchtopf". Anschließend so eine typische Touristenshow aus traditionellen Ringkämpfen, Bogenschießübungen und Reitervorführungen.

                 

Zurück zum Zug und Abfahrt Richtung Wüste Gobi.

 

Tag 12

Um 6.00 Uhr in der Früh halten wir in einer namenlosen Bahnstation. Die folgende Fahrt durch die Wüste sollte eigentlich einer der landschaftlichen Höhepunkte der Reise sein, doch was wir erleben, hat so rein gar nichts mit Wüsten-Feeling zu tun. Es schüttet wie aus Eimern, in den flachen Sanddünen haben sich kleine Seen gebildet und es herrscht eher eine Weltuntergangsstimmung. Auch die Reiseleitungen sind völlig perplex, denn so was haben sie hier noch nie erlebt. Eigentlich war ein längerer Aufenthalt hier geplant mit der Möglichkeit zum Kamelreiten, aber das fällt buchstäblich ins Wasser. Weiterfahren kann unser Zug auch nicht, weil dieses Zeitfenster wohl eingeplant war, und wir auf der eingleisigen Strecke auf verschiedene Gegenzüge warten, was dann 2 1/2 Stunden in Anspruch nimmt. Auch auf dem weiteren Weg zur Grenze ändert sich das Wetter nicht wesentlich. Schließlich erreichen wir gegen späten Vormittag in Zamiin-Uud die mongolische Grenzstation.
Nun wird es etwas kompliziert. Unser russischer Sonderzug endet nämlich hier, weil er wegen der breiteren Spur nicht weiter nach China fahren kann. Es ist zwar technisch möglich und weit verbreitet, die einzelnen Waggons auf die andere Breite umzuspuren, doch dies ist mit großem Aufwand und Zeiteinsatz verbunden, so dass in unserem Fall der Wechsel in einen chinesischen Zug wohl der einfachere Weg ist. Doch das wird noch dauern.
Im Abteil warten wir auf die mongolischen Zöllner. Anschließend muss natürlich auch unser ganzes Gepäck den Zug verlassen, was aber fleißige Helfer für uns übernehmen, wobei wir wissen, dass wir die Koffer aus organisatorischen Gründen erst im Hotel in Peking wieder sehen werden.
Dann dürfen wir den Zug verlassen und wir müssen auch Abschied nehmen von unserer russischen Reiseleiterin. Auf dem Bahnhofsvorplatz warten Transferbusse, die uns durch Niemandsland zur chinesischen Grenzstation bringen. Das Gebäude ist nagelneu, leider auch die Zöllner, die gerade angelernt werden, und so dauert der ganze Grenzübertritt schließlich 3 1/ 2 Stunden, bis wir von der netten neuen, chinesischen Reiseleiterin in Empfang genommen werden. Weiter geht es ebenfalls mit dem Bus zur Grenzstadt Erlian / Erenhot. Der Ort ist erst wenige Jahrzehnte alt, das merkt man an der großzügigen geometrischen Planung,  und wuchs in dieser Zeit von 50.000 auf 100.00 Einwohner.
Nun ist es nicht so, dass hier der chinesische Sonderzug schon auf uns wartet, denn der ist erst auf dem Weg von Peking hierher und bringt die Reisegruppe mit, die die Fahrt auf der Transsib in umgekehrter Richtung unternimmt.
Also gilt es, die Zeit bis zum Abend zu gestalten. Das fängt erstmals mit einem ausführlichen Mittagessen an, wo wir an einem typischen Rundtisch sitzen und die fleißigen Bedienungen ein Gericht nach dem anderen auf dem riesigen Drehteller platzieren.
Der anschließende Gang über den Gemüsemarkt bringt jetzt nichts Neues, das hat man inzwischen alles schon gesehen. Apropos gesehen. Wir befinden uns in einem Teil Chinas, der wohl wenig von Touristen besucht wird, jedenfalls erwecken wir bei unserem kurzen Rundgang das volle Interesse der einheimischen Bevölkerung und müssen immer wieder als Fotoobjekte herhalten.

    

Die Gegend ist bekannt für zahlreiche Dinosaurierfunde und so gibt es etwas außerhalb des Ortes einen entsprechenden Museumskomplex mit einem Freigelände, wo lebensgroße Nachbildungen zu sehen sind, und mit zwei Gebäuden, in denen eine umfangreiche Sammlung originaler Knochen und Eier zu bewundern ist.
Auch das Abendessen nehmen wir in dem Ort noch ein, dann geht es endlich zum Bahnhof, dessen Umrisse in farblich ständig wechselndem Neonlicht den Vorplatz erhellen. Unsere neuen chinesischen Waggons wirken moderner, aber es gibt nur 4-er Abteile und keine Dusche. Der größte Unterschied zeigt sich nach Abfahrt, fast schon sanft gleiten wir auf geschweißten Schienen in die Nacht. Etwa 300 km geht es dabei noch durch eine wüstenhafte Gegend, bis wir in Ulanqab in über 1400 m den Scheitelpunkt der Strecke erreicht haben.

 

Tag 13 - 15

Weil der neue Zug eine andere Infrastruktur hat, wird das Frühstück in zwei Schichten serviert. Nun beginnt der Abstieg aus der Höhenlage und die Gleise führen durch ungezählte Tunnels und an eindrucksvollen Berghängen entlang durch eine phantastische Bergwelt.
In Mentougou haben wir schließlich das Gebirge hinter uns gelassen und setzen die Fahrt auf einer nur mehr 200 m hohen Ebene fort, die durch dichte Besiedlung und Industriegebiete geprägt ist. Am späten Vormittag erreichen wir dann nach 8000 km in Peking das Ende der Bahnfahrt.

Noch ist unsere Reise aber nicht zu Ende, denn in den nächsten 2 1/2 Tagen werden wir noch die Highlights der Hauptstadt erkunden. Wir besichtigen die "Große Mauer", den Sonnentempel, Ming-Gräber, den mit steinernen Tierfiguren gesäumten Spirit Way, natürlich den Platz des "himmlischen Friedens" (!), die Verbotene Stadt  und lernen verschiedene Marktstraßen kennen.

                       

Beim Abschiedsessen darf natürlich die Peking-Ente nicht fehlen, wobei mit ihr sehr sparsam umgegangen wurde, weil wir vorher mit soviel anderen Sachen "voll gestopft" wurden, dass erst ganz am Schluss nur wenige Scheibchen für das versprochene Nationalgericht gereicht haben.

 

Tag 16

Transfer zu einem der drei Flughäfen Pekings und Nonstopp-Flug zurück nach München.

 

zurück